NEWS – Unternehmertum trifft Gemeinnützigkeit: Gerhard Jansen, Gründer der Jansen PrimeSteps Foundation, spricht mit Beate Eckhardt über seine Motivation, eine gemeinnützige Stiftung zu gründen und damit auf unternehmerische Weise Armut zu bekämpfen.

“Menschen sollen nicht abhängig gemacht, sondern befähigt werden”

Beate Eckhardt: Herr Jansen, es ist eine grosse Freude, Sie heute bei uns zu haben. Sie sind ein Mensch, der eine lange unternehmerische Laufbahn hinter sich hat. Können Sie uns zu Beginn ein wenig von Ihrem Werdegang erzählen? Was hat Sie geprägt?

Gerhard Jansen: Vielen Dank, Frau Eckhardt, es freut mich ebenfalls sehr, hier zu sein. Mein Weg begann als promovierter Jurist, aber meine wahre Leidenschaft lag immer im Aufbau von Unternehmen. Gemeinsam mit Martin Strehl habe ich die Schleuniger Gruppe gegründet, ein Technologieunternehmen, das auf Kabelverarbeitungsmaschinen spezialisiert ist. 2008 verkauften wir die Firma an Metall Zug. Ich blieb dann noch eine Weile Verwaltungsratspräsident und habe parallel Mandate in anderen Unternehmen übernommen und mehrere Startups mitbegründet. Im   Jahr 2013 habe ich zusammen mit meiner Frau und in Abstimmung mit unserer Tochter die Jansen PrimeSteps Foundation ins Leben gerufen, ein Herzensprojekt.

Beate Eckhardt: Ihr Werdegang ist beeindruckend. Aber warum eine Stiftung? Was war der Moment, in dem Sie beschlossen haben, dass dies Ihr nächster Schritt sein soll?

Gerhard Jansen: Wissen Sie, es war kein einzelner Moment, sondern ein schleichender, aber stetiger Prozess. Ich habe immer das Gefühl gehabt, dass das unternehmerisch erarbeitete Vermögen nicht nur ein finanzieller Wert ist, sondern auch eine Verantwortung in sich trägt. Viele Menschen – mehrere hundert Mitarbeitende – haben daran mitgewirkt.

Es war uns wichtig, dass ein grosser Teil dieses Vermögen sinn- und verantwortungsvoll eingesetzt wird. Sinnvoll erschien uns, etwas gegen das Weltproblem Armut zu unternehmen, dies aber nicht einfach durch Geld-Verteilen, sondern armen Menschen die Chancen zu ermöglichen, sich selber aus der Armut zu befreien. So entstand die Idee, eine Stiftung zu gründen, die nicht nur hilft, sondern Eigenleistung ermöglicht (und fordert) und echte Perspektiven schafft.

Beate Eckhardt: Das klingt, als sei es Ihnen ein tiefes persönliches Anliegen. War das eine Art Verpflichtung für Sie, etwas zurückzugeben?

Gerhard Jansen: (lacht) Ich mag diesen Ausdruck „etwas zurückgeben“ ehrlich gesagt nicht. Es klingt so, als hätte ich der Gesellschaft zuvor etwas weggenommen. Ich hoffe, das ist nicht der Fall.

Für uns war es mehr eine logische Konsequenz: Wir hatten selber viele Chancen im Leben und wir meinen, alle sollten ihre Chancen bekommen. Aber immer mit einem klaren Fokus: Hilfe zur Selbsthilfe. Menschen sollen nicht abhängig gemacht, sondern befähigt werden.

Beate Eckhardt: Ihre Stiftung verfolgt  einen unternehmerischen Ansatz. Können Sie uns ein Beispiel geben, wie das in der Praxis aussieht?

Gerhard Jansen: Gerne. Eines unserer Anschub-Projekte ist Smiling Gecko in Kambodscha. Es vereint Landwirtschaft, Bildung und Unternehmertum in einer beeindruckenden Weise. Die Menschen dort werden nicht nur unterstützt, sondern sie lernen, eigenständig zu wirtschaften und ihre Lebensbedingungen langfristig zu verbessern.

Das ist genau das, was uns begeistert: Wirkungsvolle Hilfe mit Multiplikationseffekt.

Beate Eckhardt: Das klingt logisch und nachvollziehbar. Aber wie prüfen Sie, ob Ihre Projekte tatsächlich Wirkung erzielen?

Gerhard Jansen: Die unternehmerische Erfahrung lässt uns jeweils rasch spüren, ob sich etwas tut und in welche Richtung es geht. Wir legen grossen Wert auf direkte Ergebnisse und sichtbare, glaubwürdige Fortschritte. Unsere Zusammenarbeit mit Projekten ist sehr hands-on. Wir gehen nicht den Weg über grosse Organisationen, da wir dort den direkten Bezug nicht haben und die Effektivität nicht gewährleisten können. Es ist uns wichtig, dass wir wirklich sehen und spüren können, wie unsere Unterstützung Leben verändert. Und wir haben gelernt, dass bei existenzieller Armut schon sehr kleine Fortschritte Leben verändern und Perspektiven eröffnen können.

Beate Eckhardt: Es gibt Kritiker, die sagen, Stiftungen können in Entwicklungsländern Ungleichheiten verstärken. Wie begegnen Sie solchen Vorwürfen?

Gerhard Jansen: Diese Kritik ist nicht unberechtigt. Deshalb ist es uns wichtig, Projekte zu unterstützen, die auf Eigenverantwortung setzen. Wir schaffen keine Abhängigkeiten, sondern arbeiten eng mit lokalen Partnern zusammen, die die Bedürfnisse vor Ort kennen. So stellen wir sicher, dass unsere Arbeit einen echten Unterschied macht. Diese Unterschiede werden sichtbar und motivieren zusätzliche Menschen zu Eigeninitiative. Das führt auch zu erwünschter Multiplikation.

Beate Eckhardt: Lassen Sie uns über ein anderes wichtiges Thema sprechen: die Nachfolge. Sie haben in Ihrem beruflichen Leben großen Wert auf eine vorausschauende Planung gelegt. Wie sieht es bei der Stiftung aus?

Gerhard Jansen: Nachfolge ist ein entscheidendes Thema, sei es in einem Unternehmen oder in einer Stiftung. Ich habe auch bei der Stiftung früh an die Nachfolge gedacht. Zusammen mit dem Vizepräsidenten der Stiftung haben wir ein umfassendes Nachfolgedokument erstellt, das klare Leitlinien für die Zukunft und für eine grössere Dimension der Stiftung gibt. Dann haben wir als nächstes ein Co-Präsidium eingeführt, um die Übergabe konkreter werden zu lassen. Als Gründer wollen wir sicherstellen, dass die Stiftung auch ohne uns in guten Händen bleibt.

Beate Eckhardt: Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Wenn Sie auf die letzten zehn Jahre Ihrer Stiftung zurückblicken, was sind die wichtigsten Lektionen, die Sie gelernt haben?

Gerhard Jansen: Eine gute Frage. Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, einen bewusst breit angelegten Stiftungszweck laufend und zunehmend konkreter zu schärfen. Flexibilität und ein schrittweises Vorgehen aufgrund der Erfahrungen sind entscheidend.

Und etwas ganz Wichtiges: Die Arbeit in der Stiftung gibt eine unerwartet grosse Befriedigung im Erfolgsfall. Wenn also der Stiftungsrat mit Freude und Herzblut dabei ist, ist das ein gutes Zeichen dafür, dass man auf dem richtigen Weg ist.

Beate Eckhardt: Vielen Dank, Herr Jansen, für Ihre Offenheit und die Einblicke in Ihre beeindruckende Arbeit. Es war eine grosse Inspiration!

Gerhard Jansen: Danke, Frau Eckhardt, es war mir eine Freude.

Das Interview entstand im Rahmen des ZKB Stiftungsdialogs 2024.

Beate Eckhardt ist eine erfahrene Stiftungs- und Philanthropieexpertin sowie ehemalige Geschäftsführerin von SwissFoundations, dem Verband der Schweizer Förderstiftungen. Als selbständige Beraterin begleitet sie heute gemeinnützige Organisationen und Stiftungen bei der strategischen Ausrichtung und wirkungsorientierten Weiterentwicklung. Mit ihrer Expertise und ihrem Engagement setzt sie sich leidenschaftlich für nachhaltige und unternehmerische Ansätze in der Stiftungsarbeit ein.